Überwältigend war der Andrang am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, am Haus der Gemeinde in Nierstein: Der Geschichtsverein hatte zu einem Vortrag mit dem letzten lebenden Staatsanwalt der Frankfurter Auschwitz-Prozesse (1963-65), Gerhard Wiese, eingeladen. 

Das Interesse war überwältigend, Saal und Foyer waren bis zum letzten Platz gefüllt, um die 95-jährige Persönlichkeit zu erleben - einige konnten leider keinen Einlass mehr finden.

Wiese verfasste mit Kollegen damals die Anklageschrift gegen 22 SS-Angehörige, die unter der Nazi-Herrschaft Teil der Mordmaschinerie in Auschwitz waren. „Auschwitz war ein riesiger, fabrikmäßiger Vernichtungsbetrieb, wer dort tätig war - egal an welcher Stelle - leistete zumindest Beihilfe zum Mord", so Wiese. Nach heutiger Rechtsprechung hätte es keine Freisprüche gegeben – damals in Frankfurt gab es sechsmal lebenslänglich, elf Haftstrafen und drei Freisprüche. Trotzdem: Dieser Prozess führte erstmals vor Augen, was in Auschwitz wirklich geschehen war. Die Nazi-Gräueltaten waren rechtskräftig bestätigt, konnten nicht mehr geleugnet werden. 

Als junger Ermittler konnte Wiese damals nicht ahnen, dass ihn das Verfahren bis zum heutigen Tag begleiten wird. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, über den Auschwitz-Prozess zu berichten. Denn „bis heute wollen Unbelehrbare die Wahrheit nicht akzeptieren. Wir können nur darum kämpfen, dass unsere Demokratie stabil bleibt," appellierte Wiese. 

Mitschnitt der Veranstaltung

„1933 konnte sich die Demokratie nicht mehr gegen ihre Feinde wehren. Ein neues 1933 können und müssen wir gemeinsam verhindern", betonte Hans-Peter Hexemer, Vorsitzender des Geschichtsvereins. Einen Mitschnitt der Veranstaltung gibt es auf www.geschichtsverein-nierstein.de